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06.04.2005: (Kapstadt (Südafrika)) "Reisetagebuch - 06.04.2005"    [written by AlexSapp]

Ich sitze nun schon den ganzen Tag im Intercape Bus von Kapstadt nach Windhoek, wobei ich nur noch bis nach Keetmannshoop mitfahre, und frage mich, ob es in einem Bus mit Toilette wirklich notwendig ist, alle 2 Stunden 15 Minuten Pause zu machen.

Um 20 Minuten vor 9 war ich fertig mit Packen, Auschecken und Fruehstuecken, sodass ich versuchen konnte, meine Fotos zu retten. Da das Internetcafe zwar gut ausgestattet ist, doch nicht sehr professionell arbeitet, waren meine gesamten Fotos noch auf der Festplatte gespeichert. Allerdings war der Mitarbeiter so inkompetent, dass es ganze 23 Minuten dauerte, bis die CD mit den Fotos gebrannt war. Ich joggte dann zurueck zum Hostel, holte dort mein Gepaeck und in der Erinnerung, dass ich 30 Minuten vor der Abfahrt am Busbahnhof sein sollte und ich mich auch daran erinnerte, dass der Intercape Bus in Mosselbay eine halbe Stunde vor der eigentlichen Abfahrtzeit losfuhr, rannte ich mit 21 Kilogramm Gepaeck auf dem Ruecken durch Kapstadt, um gerade noch rechtzeitig 14 Minuten vor 10 Uhr an der Abfahrtstelle am Bahnhof anzukommen.



Seitdem sitze ich in dem wiederum weniger als halb voll besetzten Bus, was eine Erklaerung fuer den hohen Fahrtpreis sein koennte, und sehe mir die vorbeifahrende Landschaft an. Und was ich zu sehen bekomme ist sehr huebsch.



Viele hohe Berge, Halbwuestenvegetation links und rechts der Strasse und sehr viel Nichts, soweit das Auge reicht. Weniger toll ist der Film Big Fat Liar, mit dem wir am Nachmittag gequaehlt wurden. Zumindest bekommen wir alle paar Stunden Kaffee oder Tee angeboten und bei den Stopps kann man sich vielfaeltige Verpflegung kaufen.



An der Grenze mussten wir beim Verlassen Suedafrikas aus dem Bus aussteigen und uns den Stempel abholen sowie gut 500 Meter weiter nocheinmal fuer die Einreise nach Namibia. Es gab keine Verzoegerungen oder Gepaeckkontrollen und ich musste nicht das Transportmittel wechseln, was die Grenzueberquerung zu einer der einfachsten der bisherigen Reise machte.





Da wir soeben die Grenze ueberquert haben, ist es an der Zeit ein paar abschliessende Gedanken ueber Suedafrika niederzuschreiben.



Suedafrika ist, ganz kurz und knapp gesagt, der nicht ganz gelungene Versuch, mitten in Afrika ein zweites Australien zu errichten. Die entspannte Lebensweise, die interessante Natur, der Wohlstand der gesamten weissen Gesellschaft, das Netzwerk von Backpackerhostels, Woolworth, Pick n Pay, Greyhound und Cricket. Fast perfekt. Nur gibt es in dem Land 75 Prozent Schwarze und nochmal ueber 10 Prozent sog. Couloreds, also nicht schwarz und nicht weiss sondern asiatisch, arabisch oder gemischte Bevoelkerung, die aus dem gesellschaftlichen Leben auszuschliessen sich nach einen jahrzehnte dauernden Versuch letztlich doch endlich als unmoeglich herausstellte.



Ich bin in Johannesburg gelandet und dann nach Kapstadt gereist, so wie es die meisten Touristen machen. Allerdings bin ich einen Weg gereist, der mich neben Touristendestinationen wie der Gardenroute, Kapstadt und Johannesburg auch an Orte gefuehrt hat wie Pretoria, Pietermaritzburg oder Bloemfontein, die eher untouristisch sind. Das wofuer die meisten Touristen eigentlich nach Suedafrika kommen, habe ich jedoch nicht gesehen. Ich war in keinem Nationalpark um Tiere in ihrer natuerlichen Umgebung zu sehen.



Der Grund dafuer ist recht simpel. Suedafrika ist sehr teuer. Das gilt nicht nur fuer Unterkuenfte, Transport und Verpflegung, sondern noch viel mehr fuer die vielfaeltigen angebotenen Touren, die z.B. fuer 3 Tage Kruegerpark bei rund 250 EUR beginnen. Obwohl es mit eigenem Auto guenstiger moeglich ist, Nationalparks zu besuchen und der Autoverleih hier relativ bezahlbar ist, muss man als allein Reisender entweder muehsahm eine Gruppe suchen, um sich die Kosten zu teilen oder eine der teuren Touren mitmachen oder wie ich einfach darauf verzichten.



Suedafrika ist ein Land, dass dem Besucher viel zu bieten hat. Auch obwohl ich keine Safaris mitgemacht habe, kann ich mich nicht beschweren zu wenig gesehen zu haben. Die Drakensberge sind ein Paradis fuer Wanderer und Naturliebhaber, Kapstadt ist mit dem Tafelberg im Sueden und dem Meer im Norden eine der wohl am spektakulaersten gelegenen Staedte der Welt, wenn auch nicht so krass wie Rio de Janeiro. Die weltberuehmte Gardenroute und auch andere Teile der Kueste sind unheimlich sehenswert. Und auch Staedte wie Pretoria, Bloemfontein oder Port Elizabeth sind mit ihren kolonialen Hintergruenden und lebhaften schwarzen Gegenden durchaus einen Besuch wert.



Wie ich bereits habe anklingen lassen, kann man aber nicht ueber Suedafrika schreiben, ohne auf das Thema Apartheit zu sprechen zu kommen. Vor gerade einmal 12 Jahren war es in diesem Land noch an der Tagesordnung und fuer aufgeklaerte Europaer voellig unverstaendlicher Weise auch gesellschaftlich voll akzeptiert, dass es in einer Bank Schalter gab, wo man sich nach Rasse getrennt anstellen musste. Dass es Straende und Bars gab, die ausdruecklich nur fuer Weisse zugaenglich waren. Dass hoehere Bildung nur fuer einen Bruchteil der Bevoelkerung zugaenglich war.



Die strikte Trennung der Rassen von Gesetz wegen ist zwar aufgehoben und der Staat investiert viel Geld, um dies auch oeffentlich zu zeigen, doch scheint man es fuer wichtiger zu halten, landesweit Strassen, Gebiete, Parks usw. umzubenennen und die neuen Schilder aufzustellen, als die unterpriveligierte Bevoelkerung in den Townships mit elektrischem Strom und fliessend Wasser zu versorgen. Wenn man die Townships sieht, in denen der Grossteil der Bevoelkerung des Landes lebt, fuehlt man sich unweigerlich an die Slums in Sued- und Zentralamerika erinnert.



Unter der weissen Bevoelkerung ist die Arbeitslosigkeit sehr niedrig, waehrend im Landesdurchschnitt fast 45% der Menschen keinen Job haben. In jeder Stadt gibt es daher einen oder auch mehrere Pick Up Orte fuer Gelegenheitsarbeiter, an denen ab 5 Uhr morgens ganze Schaaren von Menschen auf einen Job fuer den Tag warten. Wer Glueck hat, wird von einem weissen Fahrer der vorfahrenden Allrad Toyotas mit verdunkelten Scheiben auserwaehlt und darf dann helfen, die Wohnung zu putzen oder die neue Garage der Familie fuer den Zweitwagen zu bauen, waehrend der schwarze Arbeiter am Abend wieder zurueck in seine Wellblechblechhuette im Township laeuft und sich eine Strasse weiter an der versifften oeffentlichen Wasserstelle waescht, bevor zu Bett geht.



Ein weiteres zentrales Problem ist AIDS. Offizielle Zahlen sprechen von 10 bis 15% der Bevoelkerung die HIV positiv sind, die tatsaechliche Zahl liegt weit darueber. Trotzdem hat Praesident Thabo Mbeki eine AIDS Krise im Land noch im Jahr 2002 geleugnet, weshalb Suedafrika nicht an einer massiven Aufklaerungskampagne suedafrikanischer Staaten teilnahm.



Erschreckend ist auch, wie wenig die Weissen ueber das Leben der Schwarzen wissen. Waehrend fast jeder Tourist Township Touren mitmacht, um den Lebensstandard dort zu sehen, wollte die Suedafrikanerin aus Kapstadt nicht glauben, dass es in ihrem Suedafrika Menschen gibt, die ohne Strom oder ohne einen Wasseranschluss auskommen muessen. Tatsaechlich ist dies aber fuer mehr als jeden Zweiten Suedafrikaner der Lebensalltag.



Auch bekommt man von Suedafrikanern immer nur zu hoeren, dass es viel zu gefaehrlich sei, mit Minibustaxis zu fahren oder sich in die schwarzen Gebiete der Stadt zu verlaufen. Selbst ausprobiert hat dies aber noch niemand, da der weisse Suedafrikaner ein im Industrieland Suedafrika gebautes Auto faehrt.



Einen gleichen Lebensstandard fuer alle Suedafrikaner zu schaffen, wird niemals moeglich sein, doch auch Chancengleichheit beispielsweise im Bildungsbereich, angemessene aerztliche Versorgung und eine Wiedervermischung der so lange strikt getrennten Rassen zu erreichen, wird noch viele Jahrzehnte dauern.



Die Sicherheit gilt in Suedafrika als weiteres Problem. Ich bin ehrlich gesagt eher darueber gestolpert, dass die Panikmache vor angeblich gefaehrlichen Gegenden das groessere Problem ist. In jeder Stadt ausser Johannesburg bin ich auch nachts allein unterwegs gewesen und wenn ich mich auch nicht immer ganz sicher gefuehlt habe, war es doch nie annaehernd so schlimm, wie beschrieben. In Johannesburg gibt es keine zentrumsnahen Hostels, ueber oeffentlich Verkehrsmittel informieren die Hostels nicht, da diese fuer zu gefaehrlich gehalten werden und ohnehin gaebe es nur wenig zu sehen, dass man viel besser im Rahmen einer 260 Rand (33EUR) teuren Halbtagestour sehen koenne. So ist man in der groessten Stadt des Landes quasi im Hochsicherheitstrakt der Hostels gefangen und sitzt dort abends mit den anderen Gaesten vor dem Fernseher.



Der Suedafrikaner an sich ist freundlich, was ganz klar fuer alle Bevoelkerungsgruppen gilt. Auch in dieser Hinsicht gibt es Parallelen zu Australien. Die Menschen nehmen sich mehr Zeit fuereinander und gehen den Tag einfach relaxter an, als man es aus Nordeuropa kennt. Wenn auch Afrikaans, Xhosa, Soto oder eine von weiteren 10 Sprachen die Muttersprachen fast aller Suedafrikaner sind, spricht doch fast jeder Englisch, zumindest fast jeder mit dem man ausserhalb der Townships in Kontakt kommt. Die erste gesprochene Sprache des Landes ist trotzdem eher Afrikaans, das nicht nur von den meisten Weissen sondern auch von vielen Schwarzen beherrscht wird.



Suedafrika ist sicherlich ein sehr interessantes Land, das noch wesentlich mehr zu bieten hat, als ich erlebt habe, doch warum so viele deutsche Studenten hierher reisen, ist mir ein wenig unerklaerlich, da es auf der Welt etliche Destinationen gibt, wo man fuer das gleiche Geld deutlich mehr geboten bekommt, weshalb es fuer Reisende mit einem schmalen Geldbeutel ein eher unpraktisches Reiseziel ist, zumal man anders als in Australien, Neuseeland oder Grossbritannien nur sehr schwer einen befristeten Job bekommt, da man von einem Mangel an Arbeitskraeften sicher nicht sprechen kann.


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